Bereits seit etwa 15 Jahren steht fest, dass der Bereitschaftsdienst vollständig als Arbeitszeit anzusehen ist. Damals erstritt ein Arzt eine Entscheidung vor dem Europäischen Gerichtshof, wonach auch die Zeit, die er im Krankenhaus verbringt und dort auf den nächsten Patienten wartet, als Arbeitszeit zu werten ist.
Die Argumente auf beiden Seiten waren relativ klar: Der Arbeitgeber sagte, dass der Arzt ja nur auf Arbeit wartete und diese Wartezeit wohl kaum das Gleiche sein könne wie die eigentliche Arbeit. Für den Arzt war es genauso klar: Er war im Krankenhaus und konnte keinen anderen Aktivitäten nachgehen, deswegen war er genauso gebunden als würde er arbeiten. Der Europäische Gerichtshof entschied im Sinne des Arztes: Wer sich in den Räumen des Arbeitgebers befindet und dort auf dessen Befehle wartet, der kann sich diese Zeit als Arbeitszeit gutschreiben lassen.
Nicht ganz so eindeutig ist es bei der so genannten Rufbereitschaft. Bei der Rufbereitschaft ist der Arbeitnehmer nicht vor Ort, sondern er hält sich an einem Ort seiner Wahl auf, muss aber kurzfristig zum Dienst erscheinen, wenn der Arbeitgeber dies wünscht. Ein Feuerwehrmann aus Belgien hat gegen seinen Arbeitgeber geklagt, weil er die zu Hause verbrachte Rufbereitschaft als Arbeitszeit vergütet haben wollte. Anders als der Krankenhausarzt verbrachte er die Bereitschaft aber nicht im Betrieb, sondern in der eigenen Wohnung. Sein Argument war jedoch das Gleiche: Er konnte keiner anderen Tätigkeit nachgehen, sondern war gezwungen, sich während dieser Zeit für die Arbeit bereitzuhalten.
Auch dem Feuerwehrmann wurde vom Europäischen Gerichtshof Recht gegeben: Der Feuerwehrmann war nicht nur verpflichtet, irgendwie erreichbar zu sein, sondern er musste auf Abruf verfügbar sein. Das war eine objektive Einschränkung seiner Lebensbedingungen, die nicht mit Freizeit zu vergleichen war. Das Urteil dürfte daher auch nicht für jeden Arbeitnehmer gelten, der in Rufbereitschaft steht, sondern nur für solche Arbeitnehmer, die dadurch in ihrer Freizeitplanung eingeschränkt sind.
Was auch wichtig ist: In diesen Urteilen geht es um die Arbeitszeit, nicht um deren Bezahlung. Das heißt: Es ging um die Überschreitung der wöchentlichen maximalen Arbeitszeiten. Auch wenn Rufbereitschaft als Arbeitszeit gewertet wird, muss sie nicht genauso bezahlt werden wie aktive Arbeitszeit.