Werbung auf der Anwaltsrobe

nicolaihoene Aus dem Leben

Das Thema der Unabhängigkeit der Justiz habe ich in den vergangenen Monaten ja schon zweimal angesprochen (siehe hier und hier). In einem dieser Beiträge habe ich erklärt, dass Juristen vor Gericht eine Robe tragen, um eine erhabene Stellung zu demonstrieren und nach außen zu zeigen, dass Entscheidungen nicht durch Äußerlichkeiten, sondern allein nach Faktenlage getroffen werden.

Die Robe ist also äußeres Zeichen für die innere Neutralität. Ein Anwalt aus Köln hatte die Idee, seine Anwaltsrobe im oberen Rückenbereich mit seinem Namen und der Internetadresse seiner Kanzlei zu besticken. Er fragte bei der Anwaltskammer nach, ob dies zulässig sei. Die Anwaltskammer sagte, dass dies unsachliche Werbung sei und untersagte diese Bestickung. Der Kollege wandte sich dann an den Anwaltsgerichtshof in Hamm. Dieses Gericht verbot die Werbung genauso wie in der letzten Instanz der Bundesgerichtshof. Der Bundesgerichtshof entschied, dass die Robe durch den Aufdruck zweckentfremdet werde, denn sie würde hierdurch von ihrer Funktion als Zeichen der Sachlichkeit zu einem einfachen Werbeträger degradiert.

Was macht man, wenn man in letzter Instanz verliert? Man erhebt Verfassungsbeschwerde. Hierzu kann man sich an das Bundesverfassungsgericht wenden. Nun – aber wie ist das mit der „letzten Instanz“ des Bundesgerichtshofs zu vereinbaren? Müsste nach der letzten Instanz nicht Schluss sein? Doch, eigentlich schon. Aber: Man muss dazu erklären, dass es sich um verschiedene Rechtsgebiete handelt. Für Anwaltssachen gibt es die Anwaltsgerichte, dann die Anwaltsgerichtshöfe und schließlich – in letzter Instanz – den Senat für Anwaltssachen beim Bundesgerichtshof. Das Bundesverfassungsgericht überprüft dann aber nicht als allerletzte Instanz das Urteil des Bundesgerichtshofs, sondern es überprüft nur, ob der Betroffene in seinen Rechten aus der Verfassung betroffen ist.

Diese Rechte in der Verfassung sah der Kollege also verletzt, also das Recht auf Meinungsfreiheit, das Recht auf Berufsfreiheit und das Recht auf Gleichbehandlung. Und das Bundesverfassungsgericht? Es entschied sich ungewöhnlich schnell dafür, hier keine Verletzung der Verfassung zu sehen. Rechte in der Verfassung gelten nämlich auch nicht uneingeschränkt: So wäre es zwar denkbar, dass hier das Recht der Berufsausübung betroffen ist, diese Einschränkung wäre dann aber wieder dadurch gerechtfertigt, dass die Robe als Zeichen der Neutralität werbefrei bleiben soll.