Wann gelten Verfallfristen?

nicolaihoene Arbeitsrecht

Heute gab es eine Verhandlung vor dem Arbeitsgericht München, in der es u.a. um so genannte „Verfallfristen“ ging.

Der Arbeitnehmer – Angestellter in einem Autohaus eines französischen Autoherstellers – hatte angeblich über einen Zeitraum von acht oder neun Monaten zu viel Provisionen ausgezahlt erhalten. Der Arbeitgeber forderte die überzahlte Provision zurück. Weil es gerade praktisch erschien, behielt er die Überzahlung einfach monatlich als Teil des Lohns ein.

Nun gab es im Arbeitsvertrag eine Ausschlussklausel bzw. Verfallfristen. Das bedeutet, dass niemand etwas zurückverlangen kann, was zu lange zurückliegt. Hier war vereinbart, dass alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Anstellungsverhältnis und solche, die mit dem Anstellungsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit schriftlich gegenüber der anderen Vertragspartei geltend gemacht werden.

Der Arbeitnehmer berief sich auf diese Verfallfrist und hätte demnach allenfalls noch die Provisionen für zwei Monate zurückzahlen müssen. Der Arbeitgeber wandte ein, dass die Verfallfrist nicht gelte, weil der Arbeitnehmer hätte erkennen müssen, dass er zu viel Provision erhalten habe.

Tatsächlich gibt es so etwas: Wenn der Arbeitnehmer erkennt, dass er zuviel bekommt, dann ist es ihm verwehrt, sich auf die kurze Verfallfrist zu berufen. Die Hürden hierfür sind jedoch hoch: Erkennen kann man das nämlich nur, wenn man eine ungewöhnlich hohe Provision bekommt, wenn die Abrechnung erkennbare Rechenfehler enthält oder wenn der Auszahlungsbetrag auf dem Konto anders ist als der Betrag in der Gehalts- oder Provisionsabrechnung.

In unserem Fall war das nicht so: Die Provisionen bewegten sich im normalen Rahmen, und der Auszahlungsbetrag war der gleiche wie der Betrag in der Gehaltsabrechnung. Das Arbeitsgericht München sagte daher in der Verhandlung, dass sich der Arbeitnehmer sehr wohl auf die Verfallfrist berufen kann und nicht alle Provisionen zurückzahlen muss, sondern allenfalls die für zwei Monate. Ein Urteil ist noch nicht gesprochen, aber ihre Ansicht hat die Richterin schon einmal sehr deutlich gemacht.

Ehe für alle, bitteschön! Aber was ist eigentlich Fraktionszwang?

nicolaihoene Aus dem Leben

Nach kurzer, hitziger Debatte hat der Bundestag heute beschlossen, dass künftig auch gleichgeschlechtliche Paare in Deutschland heiraten dürfen. Es gab zwar seit einigen Jahren die Möglichkeit, eine so genannte „eingetragene Lebenspartnerschaft“ einzugehen, durch die schon einige Dinge angeglichen wurden, etwa im Erbrecht oder im Steuerrecht. Andere Dinge wie Adoptionen waren jedoch nicht möglich. Nunmehr ist auch diese Hürde genommen.

Möglich wurde das heutige Abstimmungsergebnis dadurch, dass die CDU als eine der Regierungsparteien den „Fraktionszwang“ aufgehoben hat. Doch was ist aber darunter zu verstehen?

Gehen wir hierfür einmal einen halben Schritt zurück. Die Abgeordneten in den Parlamenten (also auch im Bundestag) sitzen dort nicht als Angestellte der Parteien, sondern als Vertreter des Volkes. Die Abgeordneten des Bundestags sind – so sagt es Art. 38 des Grundgesetzes – „an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen“. Das bedeutet, dass jeder Abgeordnete in jeder Abstimmung das wählen kann, was ihm und seinen Wählern passt. So könnte also ein Abgeordneter für etwas anderes stimmen als der Rest seiner Partei.

Nun zu den Fraktionen: Weil im Bundestag offiziell keine Parteien sitzen, sondern nur Abgeordnete, bilden die Abgeordneten freiwillige Zusammenschlüsse, nämlich die „Fraktionen“. Fraktionen sind gewissermaßen Interessenvereinigungen, in denen die Angehörigen der gleichen Parteien sitzen. Obwohl jeder Abgeordnete in seinem Stimmverhalten frei ist, gibt es doch einen so genannten „Fraktionszwang“: Von den Abgeordneten wird erwartet, dass sie so stimmen, wie es die Mutterpartei vorgibt. Zwingen kann man sie nicht, aber wer noch eine Karriere in der Partei anstrebt, fällt ihr nicht in den Rücken.

Das heißt: Eigentlich kann jeder Abgeordnete so stimmen, wie er möchte, in der Realität stimmt er aber mit der Stimme seiner Partei. Dieser Fraktionszwang ist nicht ganz unkritisch. Freie Abgeordnete, Gewissen, der Wille der Wähler – wie kann man sich da der Partei unterwerfen? Nun, auch Fraktionen und deren Kollektivwille haben eine Daseinsberechtigung. Begründet wird dies mit der Verlässlichkeit politischer Entscheidungen und der für ein geordnetes Zusammensein notwendigen politischen Stabilität, die nur erreicht werden könne, wenn man vorher wisse, wie abgestimmt werden wird.

Und dieser Fraktionszwang galt heute nicht. Die Ehe für alle wurde vor einigen Tagen eher beiläufig bei einer Podiumsdiskussion der Zeitschrift „Brigitte“ ermöglicht, als die Bundeskanzlerin erklärte, dass es sich bei der Ehe für alle um eine Gewissensentscheidung handele. Hieß es im Koalitionsvertrag noch, dass es keine Ehe für alle geben solle, galt nun also wieder das Gewissen der einzelnen Abgeordneten. Bei der eilig herbeigeführten Abstimmung im Bundestag stimmten dann auch mindestens 70 Abgeordnete der Union für die Ehe für alle.

Die Unabhängigkeit der Justiz – Teil 2

nicolaihoene Allgemein

Vor einigen Wochen hatte ich hier ja schon einmal das Thema der Unabhängigkeit der Justiz angesprochen. Damals ging es darum, dass einer Referendarin islamischen Glaubens durch das Justizministerium in Hessen verboten worden war, während des Dienstes ein Kopftuch zu tragen.

Begründet wurde das Verbot mit der Unabhängigkeit der Justiz. Diese Unabhängigkeit wird nicht nur durch den Mangel religiöser Symbole, sondern auch durch andere Zeichen äußerlich ausgedrückt: So tragen sowohl Richter als auch Anwälte vor Gericht eine Robe. Die Robe zeigt, dass alle Personen vor Gericht gleich sind. Justitia lässt sich nicht blenden, sondern entscheidet einzig nach Faktenlage.

Die Unabhängigkeit der Justiz zeigt sich auch in der Unabhängigkeit der Richter: Die Gerichte und die dort sitzenden Richter sind nur dem Gesetz unterworfen. Das heißt: Es gibt keine Vorgaben von Vorgesetzten, wie die Richter entscheiden sollen. Erst Recht gibt es keine Vorgaben von politischen Organen oder Behörden. Die Richter schauen sich die Fakten an und bilden daraufhin ihr eigenes Urteil. Weder der Gerichtspräsident noch der Justizminister darf sich dort einmischen oder ein bestimmtes Urteil verlangen.

Durch diese Unabhängigkeit ist dann auch möglich, dass unterschiedliche Entscheidungen bei gleicher Faktenlage möglich sind: In jeder Robe steckt natürlich auch ein Mensch, und ein Richter kann sich nicht immer von persönlichen Erfahrungen freimachen, auch wenn dies gewünscht ist. So kommt es vor, dass etwa für einen Richter das Verhalten eines Angestellten seine Kündigung rechtfertigt, während der nächste Richter dem Angestellten noch eine zweite Chance zubilligt, sich zu bewähren. Durch die obersten Gerichtshöfe des Bundes (also etwa den Bundesgerichtshof oder das Bundesarbeitsgericht) wird daher eine Vereinheitlichung der Rechtsprechung angestrebt, und die meisten Richter halten sich an diese Rechtsprechung, aber eine gesetzliche Verpflichtung besteht hierzu nicht.

Soja-Milch und die Irreführung des Verbrauchers

nicolaihoene Wettbewerbsrecht

In der vergangenen Woche sprach der Europäische Gerichtshof ein Urteil darüber, was im Sprachgebrauch unter „Milch“ oder „Käse“ verstanden werden kann. Einem Hersteller von veganen Produkten wurde damit untersagt, sein Sortiment als „Tofubutter“ oder „Pflanzenkäse“ anzubieten. In der Presse und vor allem in sozialen Netzwerken wurde das Urteil nicht immer verständnisvoll aufgenommen, denn für die meisten Teilnehmer war nicht ersichtlich, dass ein Verbraucher bei dem Begriff „Tofubutter“ darüber im Unklaren sein könne, ob es sich dabei um Butter aus Kuhmilch handele oder nicht.

In Deutschland gibt es das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb, kurz „UWG“. Bei Wettbewerb handelt es sich nicht um etwas Sportliches, sondern um Werbung. Das UWG regelt also, was in der Werbung erlaubt ist und was nicht. Keinesfalls erlaubt ist die Irreführung des Verbrauchers, also das „Hervorrufen einer irrigen Vorstellung über das Angebot“. Auf diesen Fall übertragen würde das also bedeuten, dass der Verbraucher bei dem Begriff „Tofubutter“ nicht der Vorstellung unterliegen dürfe, es handele sich dabei um „Butter“. Würde dieser Fall rein nach dem deutschem Wettbewerbsrecht entschieden, so wäre die Entscheidung wohl anders ausgefallen, denn niemand hält den Verbraucher für so kurzsichtig, hinter „Tofubutter“ oder „Veganer Käse“ Produkte aus Kuhmilch zu erwarten.

Was in der Berichterstattung über das Urteil gelegentlich zu kurz kommt, ist die Tatsache, dass es noch die europäischen Gesetze gibt, die sehr viel detaillierter gefasst sind als die deutschen. So gibt es eine EU-Verordnung aus dem Jahr 2013, in der biologisch-wissenschaftlich erklärt wird, wie „Milch“ gewonnen wird. Wer Milch anders herstellt, stellt eben keine Milch her, sondern ein anderes Getränk. Und definiert wird nicht nur die Milch, sondern auch die daraus gewonnenen Produkte wie Käse oder Joghurt.

Diese Definition wurde dem Hersteller der veganen Produkte zum Verhängnis: Die Bezeichnung des pflanzlichen Brotaufstrichs als „Tofubutter“ verstößt damit gegen europäisches Recht, auch wenn hier im konkreten Fall kein Kunde darüber getäuscht wird, woraus die Butter tatsächlich hergestellt wird.

Wer nun fragt, warum es noch Kokosmilch gibt, hat gut aufgepasst, denn auch in Kokosmilch befindet sich keine tierische Milch. Kokosmilch stellt aber eine erlaubte Ausnahme dar: So gibt es eine Liste von Produkten, die „aufgrund ihrer traditionellen Verwendung genau bekannt“ sind. Die Produkte auf dieser Liste dürfen die an sich falschen Bezeichnungen tragen. Kokosmilch steht auf dieser Liste, Tofu und Soja jedoch nicht.

Bei dem Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshofs handelte es sich um ein so genanntes „Vorabentscheidungsverfahren“. Der Rechtsstreit lag eigentlich beim Landgericht Trier und sollte dort entschieden werden. Weil die Richter in Trier aber erkannt haben, dass hier nicht nur das deutsche Wettbewerbsrecht betroffen ist, sondern auch eine EU-Verordnung, haben sie den Fall zum Europäischen Gerichtshof übersandt, der „vorab“ seine Meinung dazu geben sollte, wie die EU-Verordnung zu verstehen ist und ob man hier eine Ausnahme machen könnte. Der Europäische Gerichtshof hat hier sein Urteil gesprochen, in dem er dem Landgericht in Trier darlegt, wie das europäische Recht auszulegen ist. Das Landgericht Trier nimmt nun diese Auslegung und spricht auf dieser Grundlage sein Urteil. Und in diesem Urteil wird dann verboten, Produkte als „Tofubutter“ zu bezeichnen, aber nicht deswegen, weil jemand darüber getäuscht wäre, dass es sich um Butter aus Kuhmilch handeln könnte, sondern einfach deswegen, weil der europäische Gesetzgeber den Begriff „Butter“ anders definiert hat.

Mutter erhält keinen Einblick in das Facebook-Konto der verstorbenen Tochter

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Das Kammergericht, also das oberste Gericht Berlins, hat gestern entschieden, dass eine Mutter keinen Anspruch darauf hat, Einblick in das Mitgliedschaftskonto der Tochter bei Facebook zu erhalten.

Im Jahr 2012 ist die Tochter auf einem Berliner U-Bahnhof durch einen einfahrenden Zug getötet worden. Die Eltern wollten wissen, ob es sich um einen Selbstmord gehandelt haben könnte und wollten daher Zugang zu den Chatnachrichten der Tochter haben. Die Mutter hatte sogar die Zugangsdaten zu dem Profil. Ein Freund der Tochter hatte jedoch Facebook über den Tod informiert, so dass das Konto eingefroren worden ist.

Die Mutter klagte also gegen Facebook auf Offenlegung der Daten des Profils und der Nachrichten. Für sie waren die Nachrichten im Facebook-Profil nicht anders als Briefe, die sie als Erbin der Tochter ebenfalls hätte lesen können. Die Nachrichten bei Facebook sah sie als „digitales Erbe“. Facebook argumentierte dagegen mit den Regeln des Datenschutzes: Durch die Offenlegung der Nachrichten sei nicht nur die Kommunikation der Tochter transparent gemacht, sondern auch die ihrer Freunde, und auch die Freunde hätten einen Anspruch darauf, dass die Nachrichten privat blieben.

Wie so oft gibt es in der Juristerei auch hier nicht nur eine richtige Lösung des Falles, sondern es geht darum, zwischen den verschiedenen richtigen Lösungen abzuwägen, hier also zu entscheiden, ob das Informationsinteresse der Mutter an dem digitalen Erbe schwerer wiegt oder die möglicherweise betroffenen Datenschutzinteressen der Chatpartner der Tochter. Dass man den Fall auch anders hätte entscheiden können, erkennt man daran, dass die Mutter in der ersten Instanz vor dem Landgericht Berlin noch Recht bekommen hat und nun erst in der zweiten Instanz unterlegen ist. Das Kammergericht hat deswegen auch die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen, der sich nun noch mit dem Fall befassen wird.

Die Unabhängigkeit der Justiz

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Die juristische Ausbildung ist zweistufig: Sie beginnt mit dem theoretischen Studium an der Universität, dann folgt das erste Staatsexamen. Weiter geht es mit der praktischen Ausbildung bei Gerichten, Behörden und Anwälten, dem so genannten Referendariat. Das Referendariat wird mit dem zweiten Staatsexamen abgeschlossen.

Als Referendar wird man schon gelegentlich ins kalte Wasser geworfen, wenn man etwa für die Staatsanwaltschaft anklagen darf oder vorne auf dem Richterstuhl sitzt. Eine Referendarin aus Hessen darf das jetzt nicht mehr, denn sie ist islamischen Glaubens und trägt ein Kopftuch. Das Justizministerium hatte ihr verboten, den Referendardienst mit Kopftuch abzuleisten. Hiergegen ist die Referendarin gerichtlich vorgegangen. In der ersten Instanz beim Verwaltungsgericht Frankfurt hatte sie noch Recht bekommen, in der zweiten Instanz vor dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof ist sie jedoch unterlegen.

Begründet wird das Kopftuchverbot mit der Unabhängigkeit der Justiz. Die Gerichte sind neutral und müssten dies auch nach außen zeigen. Trägt eine Richterin, eine Staatsanwältin oder eben auch eine Referendarin in dieser Funktion ein Kopftuch, so bestünde die Möglichkeit, dass das Vertrauen in die Neutralität des Gerichts verloren ginge. Diese Neutralität sei wichtiger als das Grundrecht der Referendarin auf die freie Entfaltung ihrer Religion.

Weil die Justizverwaltung nicht bundeseinheitlich ist, sondern in jedem Bundesland unabhängig besteht, gibt es in anderen Bundesländern andere Auslegungen. So ist im letzten Jahr in Bayern ein Kopftuchverbot durch das Verwaltungsgericht aufgehoben worden. Konsequent, wenn man sich anschaut, dass ja dort auch in jedem Gerichtssaal ein Kruzifix hängt – dann darf man auch das Kopftuch nicht verbieten.

Mir fällt auf: Das ist ein spannendes Thema! Ich werde es demnächst noch einmal aufgreifen und einige Gedanken mehr dazu schreiben.

Kein Vollzeitanspruch nach Teilzeit

nicolaihoene Arbeitsrecht

Immer mehr Arbeitnehmer wollen ihre Arbeitszeit reduzieren und statt Vollzeit nur noch in „Teilzeit“ arbeiten. In den meisten Fällen wird die wöchentliche Arbeitszeit dabei von 40 Stunden auf 30 Stunden oder 20 Stunden verringert – selbstverständlich wird dabei auch das Gehalt angepasst.

In Deutschland gibt es das „Teilzeit- und Befristungsgesetz“. Hiernach hat ein Arbeitnehmer, der in einem Betrieb mit mindestens 15 Angestellten beschäftigt ist, einen Anspruch auf Teilzeit. Mancher mag sich mehr um die Familie kümmern, mancher mag sich nebenher künstlerisch betätigen, andere wollen einfach nur tun, was in den letzten Jahren häufiger zu sehen ist: Der Wunsch nach mehr Freizeit und weniger Arbeit. Der Arbeitgeber kann den Wunsch nach Teilzeit nur unter bestimmten Umständen ablehnen.

Aber Achtung: Es gibt keinen Anspruch, die Arbeitszeit wieder hochzusetzen. Wem in der Freizeit zu langweilig wird, kann zwar freundlich beim Chef nachfragen, ob er wieder mehr arbeiten kann, aber verlangen kann er es nicht. Die Teilzeit ist also gewissermaßen eine Einbahnstraße. Es gab in den vergangenen Wochen politische Bestrebungen, das zu ändern und dem Teilzeitarbeiter den Anspruch zu geben, wieder die Vollzeit verlangen zu können. Durchgesetzt hat sich das aber bisher nicht. Vielleicht wird das im Herbst in der nächsten Legislaturperiode wieder ein Thema.

Zahlt der Letzte die Zeche?

nicolaihoene Aus dem Leben

Aus gegebenem Anlass 😉 Wer häufig in größeren Gruppen ins Restaurant geht und dabei alle ihr Essen selber bezahlen, kennt diese Situation: Alle haben bezahlt, mancher ist vielleicht schon auf dem Weg nach Hause, und der Kellner präsentiert die Rechnung der Dinge, die noch nicht bezahlt worden sind.

Die meisten Restaurantgäste fühlen sich verpflichtet, diese Rechnung zu begleichen, weil sie meinen, für ihre Tischnachbarn zu haften. Doch das ist nicht so: Jeder muss nur das bezahlen, was er gegessen und getrunken hat.

Wie alles in unserer Gesellschaft ist natürlich auch der Restaurantbesuch juristisch geregelt. Zwar gibt es den „Restaurantvertrag“ oder „Bewirtungsvertrag“ nicht ausdrücklich im Gesetz, aber es gibt den so genannten „gemischten Vertrag“, der seine Grundlage in den §§ 311, 241 BGB hat. Der Restaurantvertrag ist deswegen ein gemischter Vertrag, weil er Teile verschiedener Verträge in sich verbindet: Er hat Elemente des Mietvertrags, weil der Gast während des Restaurantbesuchs im Gastraum sitzen darf. Er hat Teile des Dienstvertrags, weil der Kellner den Gast bedienen soll. Er hat auch Teile des so genannten „Werkvertrags“, weil der Koch eine Speise zubereiten soll. Diese verschiedenen Vertragselemente vermischen sich dann zum Restaurantvertrag.

Zurück zur offenen Rechnung: Der Restaurantvertrag verpflichtet das Restaurant, mir die bestellte Speise zu liefern, und verpflichtet mich als Gast, die von mir bestellte Speise zu bezahlen. Hierbei gibt es aber keine Sippenhaft. Sind am Schluss des Abends noch Speisen oder Getränke offen, so ist es das Problem des Gastwirts: Der Gastwirt muss aufpassen, wer was gegessen und getrunken hat und muss ihm das in Rechnung stellen. Zahlt ein Gast zu wenig, müssen die anderen Gäste das nicht mitbezahlen.

Landgericht Berlin: Mietpreisbremse verfassungsgemäß

nicolaihoene Mietrecht

Das Landgericht Berlin hat in der vergangenen Woche sein Urteil veröffentlicht, wonach die so genannte „Mietpreisbremse“ nicht gegen das Grundgesetz verstößt.

Ein Mieter in Berlin-Neukölln hatte sich vor dem Amtsgericht gegen die Höhe seiner Miete gewehrt und auf die Mietpreisbremse berufen. Es gibt nämlich in Berlin eine Verordnung, wonach nur noch Mieten vereinbart werden dürfen, die maximal zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Verlangt ein Vermieter mehr, darf der Mieter die Miete eigenmächtig kürzen. Liegt die ortsübliche Vergleichsmiete also etwa bei € 7,- pro Quadratmeter, darf der Vermieter bei der Neuvermietung nicht mehr als € 7,70 pro Quadratmeter verlangen.

Nachdem Berlin das gesamte Stadtgebiet zu einer Gegend mit Wohnungsnot erklärt hatte, galt die Mietpreisbremse also auch für den Mieter in Neukölln. Die Vermieterin war mit der Kürzung der Miete aber nicht einverstanden und hielt die Mietpreisbremse für verfassungswidrig, weil sie ihr Eigentumsrecht verletze und keine ausreichende gesetzliche Grundlage habe. Wäre die Mietpreisbremse verfassungswidrig, würde sie nicht gelten, und dann könnte der Mieter auch seine Miete nicht kürzen.

Sowohl das Amtsgericht als auch das Landgericht, also die erste und die zweite Instanz, hatten keine Bedenken bezüglich der Verfassungsmäßigkeit. Es stimmt zwar, dass eine Verordnung eine gesetzliche Grundlage haben muss. Das Land Berlin kann also nicht sein eigenes Mietrecht erlassen, weil das Mietrecht schon vom Bund im BGB geregelt worden ist. Die Verordnung, die in Berlin gilt, hat ihre Grundlage jedoch im BGB, nämlich in § 556d: Dort wird den Landesregierungen erlaubt, die Mietpreisbremse dort anzuwenden, wo sie es für erforderlich halten, nämlich in Gegenden mit Wohnungsnot. Und – ohne jetzt ins Detail zu gehen – diese Vorschrift im BGB verstößt nicht gegen die Verfassung, denn sie ist „bestimmt“ genug. Im Übrigen gebe das Eigentumsrecht keinen Anspruch darauf, eine höchstmögliche Rendite zu erzielen.

Der Mieter in diesem Fall hat also die zu viel gezahlte Miete erstattet bekommen und zahlt in Zukunft weniger, als in seinem Mietvertrag steht. Von der Mietpreisbremse gibt es jedoch auch Ausnahmen. Möchten Sie Ihre Wohnung vermieten oder haben Sie Sorgen, für Ihre Mietwohnung zu viel zu bezahlen, so bin ich gerne für Sie erreichbar.

Haftung des Mieters für seinen Besuch

nicolaihoene Mietrecht

Wer als Vermieter sicher gehen will, dass seine Wohnung keinen Schaden nimmt, sucht sich den Mieter ganz gewissenhaft aus. Wen er aber nicht aussuchen kann, ist der Besuch des Mieters. Um sich aber auch dagegen abzusichern, dass durch den Besuch des Mieters etwas passiert, schreibt dann in den Mietvertrag, dass der Mieter für Schäden haftet, die sein Besuch verursacht.

So auch in einem Rechtsstreit in Bayern. Der Mieter hatte Besuch, und der Besucher beschädigte die Wohnungseingangstür eines Mitmieters. Weil der Vermieter nicht wusste, wer den Schaden verursacht hat, berief er sich auf die Klausel im Mietvertrag und wollte den Schaden von seinem Mieter ersetzt verlangen.

Das Amtsgericht hat die Klage jedoch abgewiesen, weil die Klausel zu weit geht: So sei zwar vorstellbar, dass der Mieter dann haftet, wenn er die Wohnung Freunden überlässt und diese in der Wohnung etwas beschädigen. In dem Fall vor dem Amtsgericht sei der Schaden jedoch nicht durch den Anlass des Besuchs in der Wohnung des Mieters entstanden, sondern quasi nur dadurch, dass der Gast auch im Haus war; die Beschädigung der (anderen) Wohnung habe mit dem Anlass des Besuchs nichts zu tun gehabt.

Wer mehrere Wohnungen vermietet und seinen Mietern die Verträge vorgibt, hat die Vorschriften im BGB zu allgemeinen Geschäftsbedingungen zu beachten. Dann können verschiedene Dinge – wie hier die Haftung für Schäden – nicht so frei vereinbart werden. Haben Sie hierzu Fragen, stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.